Produktion von pharmakologischen Sekundärmetabolite - Am Beispiel von mikrobiellen β-Lactam-Antibiotika und pflanzlichen Triterpenen

2015 
Durch das Entstehen von neuen Infektionskrankheiten und das Auftreten von Resistenzen konnen bisher verwendete Medikamente ihren pharmazeutischen Nutzen verlieren. Daher ist eine konstante Weiterentwicklung von bioaktiven Pharmazeutika lebensrettend. Viele pflanzli-che und mikrobielle Sekundarmetabolite besitzen gesundheitsfordernde Wirkungen und kon-nen als Ressourcen fur die Entwicklung neuer Arzneimittel herangezogen werden. Da Pflan-zen und Mikroorganismen ein sehr umfangreiches Repertoire an pharmazeutisch-interessanten Intermediaten besitzen, soll im Rahmen dieser Arbeit die Produktbildung von pflanzlichen und mikrobiellen Sekundarmetaboliten vorgestellt werden, die fur weiterfuhrende medizinische Studien von Interesse sind. Die in dieser Arbeit prasentierten mikrobiellen Sekundarmetabolite sind β-Lactam Antibiotika der Gruppe der OA-6129 und besitzen antibakterielle Eigenschaften gegen grampositive als auch gramnegative Mikroorganismen. Durch die Kultivierung des filamentosen Actinobakteri-ums Streptomyces fulvoviridis A933 17M9 1501 konnen diese sehr wirksamen Antibiotika gebildet werden. Fur eine erfolgreiche Produktbildung wurde im Rahmen dieser Arbeit ein zweistufiger Prozess im Bioreaktor etabliert, der sich uber einen Zeitraum von neun Tagen erstreckt. Durch Optimierung und Variation des Mediums, sowie durch die Veranderung der Ruhrergeometrie, kann die maximale Antibiotikakonzentration um 385 % gesteigert werden. Neben der zu optimierenden Produktbildung ist auch die Stabilitat der Antibiotika im wassrigen Milieu von Interesse. Die Untersuchungen erfolgten am Produktanalogon Imipenem. Es zeig-te sich, dass durch Interaktionen der Imipenemmolekule der Zerfall mit steigender Antibiotik-akonzentration beschleunigt wird. Ein dazugehoriger Zerfallsweg des Imipenems in deionisie-rem Wasser bei pH 7 konnte durch die Auswertung der HPLC und Massenspektrometrie-Analytik beschrieben werden. Bioaktive Zerfallsprodukte, wie das sehr aktive β-Lactam Thienamycin, konnen aus dieser Zerfallsreaktion resultieren. Auch im Fermenta¬tionsmedium kann ein konzentrationsabhangiger Zerfall nachgewiesen werden, was fur eine wirtschaftli-che, fermentative Herstellung problematisch ware. Durch die Verwendung von Morpholino-sulfonsaurepuffern ist eine Stabilisierung des Antibiotikums im Wasser und im Fermentati-onsmedium realisierbar. Eine Steigerung der Halbwertszeit von uber dem 10fachen gegen-uber einer reinen Imipenemlosung im Wasser kann durch die Verwendung dieser Puffersub-stanzen erzielt werden. Bei den zweiten, in dieser Arbeit behandelten Sekundarmetaboliten, handelt es sich um die pflanzlichen Triterpene Oleanol- und Ursolsaure, von denen antibakterielle, antivirale, entzun-dungshemmende und Krebs vorbeugende Aktivitaten bekannt sind. Neben anderen Pflanzen bilden Spezies von Salbei und Basilikum diese interessanten Sekundarmetabolite. Da bei ei-ner Freilandkultivierung die Produktkonzentrationen jahrlichen Schwankungen durch abioti-schen und biotischen Faktoren unterliegen, kann durch eine in situ Kultivierung eine reprodu-zierbare Produktbildung erzielt werden. Im Zuge der Arbeit wurden Kalluskulturen von Salvia officinalis und Ocimum basilicum in verschiedenen Reaktortypen und mit verschiedenen Pro-zessstrategien eingesetzt und betreffend ihrer Produktbildung untersucht. Eine Oleanol- und Ursolsaurebildung durch eine Kalluskultur von Ocimum basilicum konnte durch diese Arbeit zum ersten Mal prasentiert werden. Im Vergleich zu Kultivierungen in Erlenmeyerkolben fordert eine Kultivierung im Wavebag-Reaktor das Wachstum und die Produktbildung, sodass die maximale Triterpenkonzentration um 210 % gesteigert werden kann. Durch Variation der batch-Prozessstrategie in ein repea-ted-batch-Verfahren kann eine signifikante Steigerung der Oleanolsaurebildung um das 16fache und der Ursolsaurebildung um das 35fache erzielt werden. Es wird angenommen, dass auftretende Substratlimitierung zu einer Steigerung der Produktbildung fuhrt. Durch eine nachfolgende Biotransformation ist es moglich, die beiden Triterpene zu modifizie-ren. Eine Derivatisierung kann neben einer Verbesserung der Wasserloslichkeit der Triterpene auch in einer Erhohung der pharmazeutisch-interessanten Aktivitaten resultieren. Aus diesem Grunde wurden neun Organismen betreffend ihrer biokatalytischen Aktivitat untersucht. Mit-tels des Actinobakteriums Nocardia iowensis werden die Oleanol- und Ursolsaure zunachst in ihre korrespondierenden Methylester transformiert. Des Weiteren entstehen bei der Biotrans-formation von Oleanolsaure zwei weitere, bisher unbekannter Derivate, welche durch HPLC, HPLC-ESI-MS und HPLC-1H-NMR charakterisiert werden konnten. Anhand dieser Resultate kann ein neuer Biosyntheseweg fur eine Oleanolsauretransformation mittels Nocardia iowen-sis beschrieben werden. Um die Abtrennung der Biotransformationskultur von Medium zu vereinfachen und die Wirt-schaftlichkeit zu fordern, kann N. iowensis in Natriumalginat immobilisiert werden. Wahrend kein signifikanter Unterschied zwischen immobilisierten und freien Bakterienzellen betreffend der Substrataufnahme detektiert wird, wird durch die Immobilisierung die Produktbildung re-primiert. Dabei besitzt die Matrixdichte, die aus der Behandlung der Natriumalginatpartikel mit der Calciumchloridlosung resultiert, einen entscheidenden Einfluss auf die Biotransformati-onseffizienz. Auch eine Zusammenfuhrung von Pflanzenzellkultivierung und Biotransformation in einem Gesamtprozess wurde im Rahmen dieser Arbeit etabliert. Durch den direkten Einsatz der immobilisierten Biotransformationskultur im verdunnten Zelllysat umgeht man eine Aufarbei-tung der Produkttriterpene aus dem Pflanzenzelllysat, was die Wirtschaftlichkeit des Prozes-ses erheblich verbessert. Bis zu einem Mischverhaltnis von 50 % Referenzmedium und Zell-lysat kann keine Inhibierung oder Reprimierung der Biotransformation durch vorhandene Pflanzenzellbestandteile, wie z. B. Phenolen, detektiert werden.
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