Nachexzision eines Basalzellkarzinoms an der falschen Lokalisation

2021 
Eine Patientin stellte sich in der Sprechstunde einer dermatologischen Klinik wegen zweier Hautveranderungen im Bereich der Nase vor. Der behandelnde Dermatologe entfernte diese in Form tangentialer Abtragungen; die histologische Untersuchung ergab das Vorliegen eines Angiofibroms sowie eines Basalzellkarzinoms, welches nicht im Gesunden entfernt worden war. In Absprache mit der Patientin erfolgte eine Nachexzision. Diese wurde von einem zweiten Dermatologen der Klinik auf der Basis einer unklaren Dokumentation der Primarexzision an einer falschen Stelle durchgefuhrt. Die Patientin bemangelte die operative Behandlung; deshalb sei eine weitere Operation an der Nase erforderlich geworden. Die Schlichtungsstelle bestatigte, dass es fehlerbedingt zu einer nicht notwendigen Exzision an falscher Stelle mit entsprechender Narbenbildung sowie zu einem ohne den Fehler nicht erforderlichen weiteren Eingriff gekommen sei. Der an der falschen Lokalisation durchgefuhrte dermatochirurgische Eingriff („wrong site surgery“) ist ein in der Dermatochirurgie bekanntes Fehlergeschehen. Als Praventionsmasnahme hat sich eine sog. „Time-out“ („Auszeit“) bewahrt, wobei vor und ggf. wahrend einer Operation diese unterbrochen wird zur Bestatigung des richtigen Patienten, Eingriffs und Ortes. Im vorliegenden Fall wurde die Wahl des falschen Nachexzisionsortes gefordert durch eine unklare Dokumentation der Primarexzision und eine fehlende Kommunikation zwischen den behandelnden Dermatologen uber die korrekte Exzisionsstelle. Gemas § 630 h BGB tritt eine Beweislastumkehr bei der Haftung fur Behandlungs- und Aufklarungsfehler ein, wenn es sich um ein sog. „voll beherrschbares Risiko“ handelt; um ein solches handelt es sich bei einer Exzisionsstellenverwechslung. Der berichtete Fall beleuchtet gleichzeitig die Probleme der arztlichen Arbeitsteilung; nach der sog. „horizontalen Arbeitsteilung“ darf jeder Facharzt zunachst darauf vertrauen, dass ein anderer an der Behandlung beteiligter Facharzt seine Pflichten aus dem Behandlungsvertrag korrekt erfullt. Entstehen jedoch Zweifel, wie im vorliegenden Fall bzgl. der Dokumentation der korrekten Exzisionsstelle, darf der zweitbehandelnde Arzt nicht unbesehen handeln, sondern muss sich selbstverantwortlich der richtigen Diagnose, in diesem Fall bzgl. der Lokalisation des Basalzellkarzinoms, vergewissern. Durch eine Nachfrage beim erstbehandelnden Dermatologen ware der Behandlungsfehler zu vermeiden gewesen.
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