Haben radikalisierte Personen Zugang zu psychotherapeutischer Unterstützung?: Ausgewählte Ergebnisse leitfadengestützter Interviews

2020 
Im Zusammenhang mit extremistischer Gewalt wird haufig die Rolle von Psychotherapeuten in der Pravention und Fruherkennung von Radikalisierung diskutiert, insbesondere um ungunstige Entwicklungsverlaufe bei jungen Menschen zu verhindern. Bislang fehlen Studien, die radikalisierte Personen nach ihren Kontakten mit Psychotherapeuten befragen. Fragestellung der Studie war daher, ob radikalisierte Personen Zugang zu psychotherapeutischer Unterstutzung oder zu anderen Hilfesystemen haben, und ob es dafur in ihrem Leben Anknupfungspunkte gegeben hat bzw. hatte. Zur Beantwortung der Frage wurden mit 7 jungen Erwachsenen, die von Fachkraften als „radikalisiert“ eingeschatzt wurden, leitfadengestutzte Interviews durchgefuhrt. Diese wurden im Anschluss inhaltsanalytisch ausgewertet. Es zeigt sich, dass die Befragten bislang kaum bis gar keinen Kontakt mit Psychotherapeuten hatten. Gleichzeitig fanden sich bei den Probanden hohe Belastungen durch ungunstige und grostenteils traumatische Kindheitserlebnisse, bei denen eine therapeutische Intervention wahrscheinlich hilfreich gewesen ware. Aufseiten der Probanden wird der eigene Hilfebedarf erkannt. Es besteht allerdings grose Skepsis gegenuber therapeutischen Hilfen. Es wird diskutiert, wie radikalisierte Personen einen besseren Zugang zu psychotherapeutischen Hilfen erhalten konnten, beispielsweise durch eine bessere Vernetzung und Zuweisungspraxis der verschiedenen Hilfesysteme. Zudem wird diskutiert, wie Betroffene mehr Vertrauen in das Hilfesystem gewinnen konnen. Die Ergebnisse dieser Pilotstudie basieren auf einer kleinen Stichprobe, weshalb weitere Arbeiten zum Thema sich trotz des erheblich limitierten Zugangs zu entsprechenden Probanden anschliesen sollten.
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