Reyne dachcortinghe ende ware leringhe . Zur Beziehung zwischen Text und Bildprogramm in einer Handschrift der Rijmbijbel des Jacob van Maerlant

2003 
Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die Beziehungen zwischen Text und Bildprogramm in einer 1332 vollendeten Handschrift der so genannten Rijmbijbel des Jacob van Maerlant. (Rijksmuseum Meermanno-Westreenianum, Den Haag, Ms. 10 B 21). Das historiografische Werk in Versform entstand wahrscheinlich 1271 fur Floris V., den Grafen von Holland und basiert auf Petrus Comestors Historia Scolastica und Flavius Josephus' Bellum Judaicum. Die fruhen Rijmbijbel-Handschriften besasen weder Uberschriften noch Inhaltsangaben. Es gab keine Moglichkeit, bestimmte Textstellen nachzuschlagen. Es wurde erwartet, dass man sich die gelesenen oder vorgetragenen historischen Ereignisse einpragte. Chronologische Zusammenhange und die Einteilung der Geschichtserzahlung sollten in grosere Einheiten erfasst und memoriert werden. In den Text der untersuchten Handschrift wurden zwar weder Uberschriften noch Inhaltsangaben eingefugt, jedoch akzentuiert das aufwendige Bildprogramm die Struktur der Geschichtserzahlung. Durch die Seitengestaltung wird ein einfaches Grundgerust fur das Einpragen des historischen Berichts vorgegeben. Die Rijmbijbel ist dazu in drei Zeitabschnitte unterteilt: Altes Testament, Neues Testament und schlieslich die Wrake van Jerusalem. Das Alte Testament als bei weitem langster Textabschnitt wird nochmals in grosere Segmente unterteilt. Miniaturen sind in einer dem Text vergleichbaren Weise Hilfsmittel zur Vergegenwartigung historischer Tatsachen. Als visuelle Reprasentation ist ihre Wirkung unmittelbarer als die des Textes. Durch die Verwendung von z.B. gotischen Architekturformen und Kleidungsmerkmalen wird an die alltagliche Erfahrungswelt des Betrachters referiert. Historische Ereignisse werden durch die Kombination von Text und Bild nicht nur beschrieben, sondern in Szene gesetzt und erlebbar gemacht. Durch den einfachen Aufbau der Miniaturen wird die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht vom Wesentlichen abgelenkt. So kann der historische Bericht vor dem inneren Auge des Lesers vergegenwartigt und damit leichter memoriert werden. Der Leser sollte nach der Lekture und Betrachtung der Rijmbijbel in der Lage sein, jedes beliebige historische Ereignis ohne das Hilfsmittel der Handschrift zu vergegenwartigen. Die Miniaturen dienen dabei der Vergegenwartigung eines ganzen Handlungsablaufs und nicht der Illustration eines singularen Augenblicks. Die Tatsache, dass viele der Miniaturen zwischen der Schilderung des dargestellten Ereignisses und seiner typologischen Deutung platziert sind, belegt, dass mit dem Ereignis auch dessen typologische Deutung memoriert werden sollte.
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