Listen und Regeln: Erwerb und Repräsentation der schwachen Substantivdeklination des Deutschen
2002
Die schwache Flexion deutscher Maskulina
(der Hase - des/dem/den Hasen) ist ein niedrigfrequentes, regulares
und merkmalsabhangiges Flexionsmuster. Der Erwerb der schwachen
Flexion und ihre Generalisierung auf unbekannte Worter wurden in
einem Elizitationsexperiment mit Kindern der Altersstufen 5 - 9 und
erwachsenen Sprechern untersucht, sowie mit verschiedenen
konnektionistischen Netzwerken simuliert. Die Ergebnisse zeigen,
das im Alter von neun Jahren bei den meisten Sprechern die
schwache Flexion produktiv ist, das jedoch schwach flektierte
Kasusformen der bekannten Worter bereits davor als auswendig
gelernte Formen verfugbar sind. Dieser Befund legt nahe, das
die Bildung einer Regel durch eine Reanalyse des individuellen
Lexikonbestandes erfolgt. Obwohl die meisten schwach flektierten
Maskulina des Deutschen das semantische Merkmal [+belebt] aufweisen,
berucksichtigen Sprecher des Deutschen dieses Merkmal bei der
Regelbildung nicht. Die Konsequenzen dieses Befundes fur die
linguistische Beschreibung der schwachen Flexion werden diskutiert.
Neben dem allgemeinen Erwerbsverlauf belegen die Daten eine erhebliche
individuelle Variation. Insbesondere gab es erwachsene Sprecher, bei
denen die schwache Flexion nicht als Regel, sondern in Form
lexikalisierter Einzeleintrage reprasentiert war. Die
Ergebnisse des Elizitationsexperimentes werden mit dem Erwerb und der
Generalisierung der schwachen Flexion durch verschiedene
konnektionistische Netzwerkmodelle verglichen. Die Ergebnisse legen
nahe, das die merkmalsabhangige Regularitat der
schwachen Flexion bei menschlichen Sprechern und konnektionistischen
Netzwerken nicht in gleicher Weise erworben und reprasentiert wird.
Der bedeutsamste Unterschied bestand darin, das die
konnektionistischen Netzwerke den statistischen Vorhersagewert des
Merkmals ?Belebtheit' im Gegensatz zu den menschlichen Sprechern
systematisch nutzten.
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