Anderes postkoloniales Filmschaffen
2010
Die vorliegende Forschungsarbeit konzentriert sich auf die Fragestellung, inwieweit
von einer Existenz der cinemas africains au feminin gesprochen werden kann.
Hierfur muss zunachst auf die Entstehungsgeschichte des jungsten Filmschaffens
weltweit zuruckgegriffen werden. Afrika als ein einheitliches hegemoniales Konstrukt
ist seit langem im Blickfeld der okzidentalen dominanten, imperialistisch gepragten
Filmindustrie, jedoch weist es erst seit den Zeiten der Unabhangigkeiten von
Kolonialmachten (60er Jahre) ein eigenes, plurales Filmschaffen auf. In der Arbeit
zeichnet sich ab, dass dieses jedoch in den seltensten Fallen als ein autarkes gilt, da
monopolistische, neokoloniale Mechanismen innerhalb eines globalisierten Gefuges
nach wie vor die postkoloniale Kinolandschaft der Subsahara mitbestimmen.
Demnach gilt es, ein anderes postkoloniales Filmschaffen au feminin zu beleuchten,
einen Beitrag zur seit den 90er Jahren angestrebten visibilite des Filmschaffens von
Regisseurinnen abseits eines mainstream-Kinos zu leisten. Zu diesem Zweck ist es
notwendig, sich mit einer Forschungslage vor Ort auseinanderzusetzen, die sich
auserhalb des institutionalisierten, akademisch gefarbten Diskursgeschehens
orientiert. Das in Burkina Faso statt findende FESPACO als grostes Filmfestival im
kontinentalen Raum ist hierfur Schauraum. Es ist carrefour der aktuellen
Filmregisseur/innengeneration, welche eine hybride Position im transnationalen,
transformativen und prozesshaften Filmschaffen der Gegenwart einnimmt. Anhand
eines Fokus von Arbeits- und Lebenskonzepten dreier frankophoner Regisseurinnen
der Subsahara wird auf spezifische Positionierungen in einem Dazwischen von
dichotomen Denkmustern und sozio-kulturellen Kategorisierungen eingegangen. Die
Dekonstruktion und ein re-reading von Begrifflichkeiten wie „Ich/ Andere/r/s,“
„Eigenes“ und „Fremdes“, Authentizitat, Diversitat, Differenz, Multikulturalismus,
Panafrikanismus, Pluralitat, Reprasentations- und Identitatkonstruktionen werden
verschrankt mit postkolonialen Beschreibungsmodellen von Theoretikerinnen und
Theoretikern wie Homi K. Bhabha, Trinh T. Minh-ha, Gayatri Chakravorty Spivak,
Frantz Fanon, Edward Said, Stuart Hall, Chandra Talpade Mohanty, Ella Shohat, u.a. Die Forschungen veranschaulichen, dass die inter- und transdisziplinar
verorteten Theorieansatze zwar Partikularitaten der cinemas africains aufzeigen. Die
Anwendungsmoglichkeit der bestehenden Konzepte fur einen adaquaten
filmanalytischen Diskurs erweist sich allerdings als (noch) unzureichend, um dem
kennzeichnenden Pluralitatsverstandnis und angestrebten Universalitatsanspruch
gerecht werden zu konnen.
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