Hotspots und die neue europäische Grenzarchitektur: Zur Ethnographie einer Erfassungsform

2017 
Das europaische Asyl- und Grenzregime steckt in einer tiefen systemischen Krise. Diese ist nicht nur im europapolitischen Sinne zu verstehen, sondern auch steuerungspolitisch: Die Instrumente der Migrationskontrolle und -regulation im Mittelmeer und im europai­schen Binnenraum scheinen tatsachlich beinahe zum Erliegen gekommen sein. Die im Mai 2015 von der Kommission verabschiedete Europaische Migrationsagenda versucht umfassend auf die fluchtlingspolitische Krise zu antworten und ist eine Zusammenstel­lung von Masnahmen, die zu einer koharenteren europaischen Migrationspolitik beitragen sollen. Ausgehend von einer kritischen Evaluation der ›Europaischen Migrati­onsagenda‹ und der damit verbundenen Migrations- und Grenzforschung fokussiere ich in meiner Feldforschung zur griechischen Hotspots die Lokalisierung des neuen Dublin- Systems, da seine Effekte sich unmittelbar in aktuellen Grenzkonflikten und Grenzzonen niederschlagen. Grenznahe Hotspots folgen einem Konzept, demgemas die Agenturen FRONTEX, EASO, EUROPOL und EUROJUST vor Ort an Brennpunkten der Ausengrenze untereinander und als ›Migrationsmanagement-Unterstutzerteams‹ mit lokalen und nationalen Behorden kollaborieren sollen in Italien und Griechenland. Wahrend die externalisierte Grenzsicherung sowie die Kooperation mit Drittstaaten zu einer Entschleu­nigung und Verschlankung der Strome der grenzuberschreitenden Mobilitat fuhren sollen, folgt die Strategie der Hotspots der genau entgegengesetzten Bewegung: Die Konzentrati­on unterschiedlicher Krafte auf einen Punkt soll zu einer Beschleunigung der Verfahren bzw. zu einer schnelleren Sortierung der Ankommenden fuhren; damit soll erreicht werden, dass die Brennpunkte zu Drehscheiben werden, wo Asylantrage gepruft, Flucht­linge auf andere EU-Lander verteilt, und Menschen ohne Asylgrund bzw. Fluchtende und MigrantInnen mit wenig bis keiner so genannten Bleibeperspektive zugig, konsequent und nahe an der territorialen Grenze abgewiesen und ruckgefuhrt oder abgeschoben werden konnen. In meinem Vortrag werde ich mittels der Methode der ›ethnographischen Grenzregimeanalyse‹ die ersten Ergebnisse aus meiner Feldforschung zur Implementie­rung des Hotspots-Ansatzes auf Lesbos und Chios prasentieren.
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