Stagnierende Wohneigentumsquote, Share Deals: Wie sollte die Grunderwerbsteuer reformiert werden?

2017 
Seit 2006 konnen die Bundeslander den Steuersatz der Grunderwerbsteuer frei wahlen. Dies hat zu einer starken Erhohung der Steuersatze in den meisten Bundeslandern und somit zu einer Verteuerung des Eigentumerwerbs sowie einer Erschwerung der Bildung von Wohneigentum gefuhrt. Zudem werden bei Verkaufen groser Immobilien oft verschiedene Gestaltungsmodelle – sogenannte Share Deals – genutzt, um die Zahlung der Grund­erwerbsteuer zu umgehen. Ist eine Reform uberfallig? Jens Boysen-Hogrefe, Institut fur Weltwirtschaft, Kiel, schlagt vor, bei der Grunderwerbsteuer die »halbherzige Steuerautonomie der Lander« ruckabzuwickeln und einen bundeseinheitlichen Steuersatz, der merklich unter dem aktuellen Landerdurchschnitt liegt und keine Ausnahmen vorsieht, einzufuhren. So konnten unter anderem auch den Steuervermeidungsmoglichkeiten durch Share Deals entgegengewirkt werden. Wolfgang Scherf und Carolin Dresselhaus, Universitat Giesen, halten fest, dass die Grunderwerbsteuer weder durch fundamentale Besteuerungsprinzipien noch durch gunstige Lenkungseffekte gerechtfertigt werden kann. Ihre Substitutionseffekte verzerrten die Entscheidungen im Immobiliensektor und verursachten damit unnotige okonomische Zusatzlasten uber die Steuerzahllasten hinaus. Die allokativen und distributiven Mangel der Grunderwerbsteuer sprachen fur eine Reform. Thomas Schafer, Finanzminister des Landes Hessen, bezweifelt, dass eine niedrige Grunderwerbsteuer mit einer hohen Wohneigentumsquote korreliert ist. Auch die Themen Wohneigentumsforderung und Bekampfung der Share Deals mochte er nicht in einen unmittelbaren Zusammenhang gestellt sehen. Es konnte zwar verlockend sein, umfassende Masnahmen anzukundigen, die spater aus den zusatzlichen Einnahmen durch die Besteuerung der Share Deals finanziert werden sollten. Doch liesen sich diese nicht valide quantifizieren, da es an entsprechenden Datengrundlagen mangele. Die Besteuerung der Share Deals sei fur sich allein genommen ein Gebot der Steuergerechtigkeit. Kunka Petkova, Wirtschaftsuniversitat Wien, und Alfons Weichenrieder, Goethe-Universitat Frankfurt am Main, diskutieren die Forderung nach einer Familienkomponente der Grunderwerbsteuer und zeigen mogliche Alternativen zur Einschrankung der Steuergestaltungen durch Share Deals auf. Sie raten von einer Familienkomponente ab. Im Hinblick auf Share Deals seien mehrere Gestaltungswege denkbar. Wenn die Politik hauptsachlich die offensichtlichsten Gestaltungen einschranken wolle, konne neben die Beschrankung, welcher Anteil der Anteile fur die Steuerfreiheit ubertragen werden durfe, ein zweites Kriterium alternativ dazu treten. Share Deals konnten auch dann freigestellt werden, wenn bei der ubertragenen Kapitalgesellschaft das Immobilienvermogen im Bilanzvermogen nur eine untergeordnete Rolle spiele. Nach Ansicht von Reiner Holznagel, Bund der Steuerzahler, und Jens Lemmer, Deutsches Steuerzahlerinstitut, sei kaum eine andere Steuer derart reformbedurftig wie die Grund­erwerbsteuer: Diese hemme zunehmend die Wohneigentumsbildung, erschwere die Altersvorsorge, fuhre zu preistreibenden Mehrfachbelastungen und sei auch aus verteilungspolitischer Sicht problematisch. Der starke Anstieg der Steuersatze habe diese gravierenden Mangel noch verscharft. Eine Reform der Grunderwerbsteuer, die den Erwerb von Wohneigentum erschwinglicher mache, sei daher uberfallig. Die Politik sollte sich bei der Reform dabei darauf konzentrieren, die Burger bei der Eigentumsbildung zu entlasten. Mittelfristig sollten die Bundeslander jedoch auch die Steuersatze deutlich reduzieren. Manuela Krause, ifo Institut, und Niklas Potrafke, ifo Instit
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    0
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []