Protektive in vitro Wirkung mitochondrialer Entkoppler auf die Apoptose in Leukämiezellinien

2003 
Den uberwiegend in den Mitochondrien lokalisierten Membranproteinen der Bcl-2-Familie wird eine besonders kritische Bedeutung beim Schutz der Zelle gegen den apoptotischen Zelltod beigemessen. Der genaue Wirkungsmechanismus dieser Proteine ist bis dato unbekannt. Sie sind aber in der Lage, in der mitochondrialen Membran Kanale zu bilden und dadurch den funktionellen Veranderungen in den Mitochondrien im Verlauf der Apoptose sowie ihrer Schwellung entgegenzuwirken. Eine Storung des mitochondrialen Elektronentransports und die Offnung der sogenannten „permeability transition“-Pore sind als fruhe Ereignisse im Verlauf des apoptotischen Zelltodes bekannt. Der Entkoppler mitochondrialer Atmung und Phosphorylierung, FCCP, verursacht durch eine Erhohung der Permeabilitat der inneren mitochondrialen Membran fur Protonen ahnliche Storungen der mitochondrialen Funktion. Ziel dieser Arbeit war es, den Effekt des mitochondrialen Entkopplers FCCP alleine oder in Kombination mit bekannten Apoptoseinduktoren, wie dem Proteinkinase C-Inhibitor Che und dem Serin/Threonin-Proteinkinasehemmer Sts zu untersuchen. Desweiteren sollten biochemische Mechanismen aufgeklart werden, die der Modulation der Apoptose durch FCCP in Leukamiezellinien des lymphatischen (CCRF-CEM) und myeloischen (HL-60) Ursprungs zugrunde liegen. Der Effekt mitochondrialer Entkoppler auf die durch Che und Sts induzierte Apoptose sollte ausserdem mit der Wirkung bekannter Modulatoren des programmierten Zelltodes wie Caspasehemmer zVAD und Ca2+Mg2+-Endonuklease-Inhibitor ATA in gleichem Modellsystem verglichen werden, um weitere Hinweise uber die Starke und Dauer der apoptosemodulierenden Wirkung von FCCP zu erhalten. Die durchgefuhrten in vitro Zellkulturuntersuchungen zeigten, dass eine Inkubation der CCRF-CEM- und HL-60-Zellen mit FCCP dosisabhangig den verzogerten Zelltod in beiden Leukamiezellinien induzierte. Im FCS-haltigen Zellkulturmedium wurde in beiden Zellinien eine Apoptose nach 18-stundiger Behandlung mit 4 µM FCCP in 25% der Population beobachtet. 50% der HL-60-Zellen und 85% der CCRF-CEM-Zellen waren apoptotisch oder tot, wenn 20 µM FCCP uber einen Zeitraum von 18 Stunden eingesetzt wurden. Ein FCS-Entzug resultierte in der Sensibilisierung der CCRF-CEM- und HL-60-Zellinien gegenuber FCCP: mehr als die Halfte der Population in beiden Leukamiezellinien waren bereits 12 Studen nach Behandlungsbeginn mit FCCP apoptotisch bzw. tot. Die im Westernblot demonstrierte Caspase-3-abhangige proteolytische Spaltung von PARP, sowie die Reduktion des intrazellularen CPP-32-Spiegels (Procaspase-3) zeigte sich bereits 6 Stunden nach Behandlungsbeginn mit FCCP, statt, verglichen mit 24 Stunden unter normalen Inkubationsbedingungen. Im Verlauf der durch FCCP induzierten Apoptose konnten wir mittels konventioneller DNA-Agarose-Gelelektrophorese keine oligonukleosomale DNA-Fragmentierung (180-200 bp) nachweisen, mit Hilfe der pulsed field-Gelelektrophorese wurden lediglich grose DNA-Fragmente (15-40 kbp) aufgezeigt. Nach zweistundiger Inkubation mit 10 µM Che bzw. achtstundiger Behandlung mit 300 nM Sts starben 90% CCRF-CEM-Zellen, wahrend 60% der HL-60-Zellen nach zweistundiger Einwirkung von Che apoptotisch bzw. tot waren. Uberraschenderweise war die proteolytische Spaltung von PARP nach Behandlung beider Zellinien mit einer niedrigeren Konzentration von Che (10 µM) ausgepragter als mit der hoheren Konzentration des Proteinkinase C-Hemmers (20 µM), obwohl die Anzahl der toten Zellen direkt proportional zur eingesetzten Che-Konzentration war. Die Zugabe von FCCP bzw. von Caspasen-Inhibitor zVAD verzogerten den durch Che und Sts induzierten apoptotischen Zelltod: 20-40% mehr Zellen uberlebten innerhalb der ersten sechs Stunden der Inkubation, wenn 4-20 µM FCCP zum Inkubationsmedium zugegeben wurden, wahrend nur 15-20% mehr Zellen bei Zugabe von 50 µM zVAD am Leben blieben. Der protektive Effekt von zVAD und ATA war jedoch nur vorubergehend: sechs Stunden nach Behandlungsbeginn mit Che oder Sts gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied im Uberleben der Zellen. Die Vorbehandlung mit ATA verhinderte komplett eine Apoptose in beiden Zellinien, so das diese mindestens einige Tage nach Behandlungsbeginn mit Serin/Threonin-Proteinkinase-Hemmern intakt blieben. Alle eingesetzten Modulatoren hemmten das Auftreten der durch Che bzw. Sts ausgelosten biochemischen Zeichen der Apoptose, wie oligonukleosomale DNA-Degradation, Abfall der PARP-Aktivitat und Aktivierung der Caspase-3. Eine 3-stundige Inkubation der CCRF-CEM- und HL-60-Zellen mit 10 µM Che fuhrte in beiden Zellinien zu einem deutlichen Abfall der intrazellularen NAD+-, NADH-, NADPH- und ATP-Konzentrationen. Insbesondere in der CCRF-CEM-Zellinie stand die Senkung des intrazellularen Gehaltes an Pyridinnukleotiden im Vordergrund, in den myeloischen HL-60-Zellen war die ATP-Depletion ausgepragter. Wahrend FCCP oder zVAD den Abfall der Energie- und Redoxaquivalente lediglich partiell verhinderten, war ATA in der Lage, die Depletion von NAD+, NADH, NADPH und ATP komplett zu inhibieren. Da FCCP und zVAD lediglich die mit der Apoptose assoziierten biochemischen Phanomene, wie die Aktivierung der Caspase-3 oder der Ca2+-Mg2+-Endonuklease und nicht die Depletion der Energie- und Redoxaquivalente in Leukamiezellen aufhoben, waren die durch die Einwirkung von Che aufgetretenen Storungen des Energiestoffwechsels ein moglicher Grund, weshalb die protektive Wirkung von FCCP und zVAD nur vorubergehend war.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    0
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []