Die umgekehrte Perspektive im russischen Diskurs des 19. und 20. Jahrhunderts

2009 
Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat sich eine Reihe russischer Forscher mit der so genannten „umgekehrten“ Perspektive beschaftigt. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit jener Autoren darzulegen, die ausfuhrliche Analysen der in mittelalterlichen Darstellungen verwendeten Perspektive geleistet haben, gilt als das primare Anliegen der vorliegenden Arbeit. Die verschiedenen Herangehensweisen an die Thematik und deren Motivation sollen dargelegt werden ohne jedoch den Anspruch auf Vollstandigkeit zu erheben. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Darlegung jener Analysen der umgekehrten Perspektive, die aus der Beschaftigung mit der Geometrie und Semiotik der Ikone erfolgt sind. Der theologische Aspekt aus dem heraus der Raum der Ikone als Fenster in eine auserzeitliche und auserraumliche Realitat verstanden wird, berucksichtigt diese Arbeit nur peripher. Bei der Darstellung des russischen Diskurses hinsichtlich der raumgestalterischen Merkmale der alten Malerei wird besonders viel Gewicht auf die damalige, bisweilen entschieden vehemente Konfrontation der umgekehrten Perspektive mit der Zentralperspektive gelegt. Aus dieser Opposition heraus wurde versucht eine Erklarung der Raumstruktur in der alten Malerei zu finden. Wahrend bis ins fruhe 20. Jahrhundert hinein das Nichtanwenden der Zentralperspektive, die in Russland spatestens seit dem 18. Jahrhundert als das einzig richtige System galt, viele Forscher zu der Annahme fuhrte, die alten Meister hatten die Regel der Zentralperspektive nicht gekannt, herrschte seit Florenskij innerhalb des gesamten russischen Diskurses des 20. Jahrhunderts eine dem entgegengesetzte Meinung vor. Des besseren Verstandnisses willen ist die vorliegende Arbeit ebenfalls darum bemuht, den historischen Hintergrund aufzuzeigen, der eine Auseinandersetzung mit raumorganisatorischen Prinzipien der altrussischen Ikonenmalerei erst moglich machte. So behandelt die Arbeit einleitend die im 19. Jahrhundert stattgefundene Wiederentdeckung der altrussischen Ikonenmalerei, um anschliesend die im darauf folgenden Jahrhundert erfolgte Diskussion um die Neubewertung bzw. Erhebung der Ikone in den Stand der Kunst aufzuzeigen.
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