Pseudo-Lennox-Syndrom — frontale Epilepsie
1992
Aicardi und Chevrie (1982) beschrieben unter der Bezeichnung „atypical benign partial epilepsy“ ein Krankheitsbild, das sich, bei Hinzunahme spaterer Beobachtungen anderer Autoren, wie in Tabelle 1 dargestellt charakterisieren last. Nach Familienuntersuchungen von Doose (1989) und Doose u. Baier (1989,1991) stellt diese von uns auch als Pseudo-Lennox-Syndrom bezeichnete Epilepsieform keine eigentliche Entitat dar. Das „Syndrom“ beruht auf dem gleichen genetischen Pathomechanismus wie andere Formen der idiopathischen Partialepilepsien und verwandter Krankheitsbilder. Das Pseudo-Lennox-Syndrom ist also nur Teil eines
Tabelle 1. Pseudo-Lennox-Syndrom
Klinik
- Uberwiegend normal entwickelte Kinder;
- Erkrankung im 3. bis 7. Lebensjahr;
- Anfalle
- Atypische Absencen;
- Atonisch-astatische Anfalle;
- Myoklonische Anfalle;
- Fokale Anfalle, vor allem rolandisch;
- Generalisierte tonisch-klonische Anfalle.
EEG-Befunde
- Multifokale Sharp-waves (besonders zentral);
- Sekundare Generalisation mit asymmetrischen und symmetrischen generalisierten Sharp-slow-waves und langsamen Spike-waves;
- Bioelektrischer Status;
- Hypsarrhythmieahnliche Muster;
- „polymorphe hypersynchrone Aktivitat“.
Verlauf und Prognose
- Antikonvulsive Therapie oft ineffektiv;
- Schwinden der Anfalle zwischen dem 9. und 15. Lebensjahr (selten fruher);
- Mentale, sprachliche und andere Defizite moglich, regelhaft bei langem Verlauf mit Staten.
Differentialdiagnose
- Lennox-Gastaut-Syndrom;
- Spike-wave-variant-Epilepsie des alteren Kindes (Spat-Lennox-Syndrom);
- Myoklonisch-astatische Epilepsie.
Tabelle 2. Symptome der hereditaren Hirnreifungsstorung
Primare Entwicklungsretardierung
Teilleistungsstorungen, „MCD“
Epilepsien
- Rolandische Epilepsie
- Pseudo-Lennox-Syndrom
- Benigne psychomotorische Epilepsie
- Benigne okzipitale Epilepsie
- „Zwischenformen“ (haufig!)
Landau-Kleffner-Syndrom (z. T ohne Anfalle)
ESES(z.T ohne Anfalle)
breiten Spektrums von unscharf gegeneinander abgegrenzten, sich symptomatologisch breit uberlappenden Krankheitsformen, denen eine maturations-abhangige, spatestens in der Pubertat mit oder ohne Defekt ausheilende fokale oder multifokale epileptische Erregbarkeitssteigerung mit womoglich autosomal-dominantem Erbgang gemeinsam ist (Tabelle 2). Der zugrunde liegende Patho-mechanismus wird in einer hereditaren Maturationsstorung gesehen (Doose u. Baier 1989). Die vorliegende Studie gilt der Frage, ob aus EEG-Verlaufsuntersuchungen Gesichtspunkte zu gewinnen sind, die die Entstehung von generalisierten kleinen Anfallen und generalisierten EEG-Veranderungen (bis zum bioelektrischen Status) bei dieser Variante der idiopathischen Partialepilepsie erklaren konnten.
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