Genom-Editierung an der menschlichen Keimbahn – Deutschland

2020 
Die Entdeckung der Verfahren der Genom-Editierung hat auch in Deutschland einen Diskurs hinsichtlich der Vertretbarkeit der Anwendung solcher Verfahren am Menschen angestosen. Im Fokus steht dabei die genetische Veranderung der menschlichen Keimbahn. Die Anwendung von „Genscheren“ wie CRISPR/Cas9 an Zellen der Keimbahn, wodurch die genetischen Veranderungen von Generation zu Generation weitergetragen werden, war bereits Gegenstand zahlreicher Stellungnahmen nationaler Gremien. Im Jahr 2015 publizierten eine Arbeitsgruppe die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) sowie die Leopoldina gemeinsam mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der acatech und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften jeweils eine Stellungnahme im Hinblick auf die im selben Jahr in China durchgefuhrten Forschungsarbeiten an Embryonen mit CRISPR/Cas9. Die Arbeitsgruppe der BBAW, ohne sich im Ergebnis selbst fur oder gegen die kunftige Durchfuhrung von Keimbahninterventionen zu positionieren, stellte die wesentlichen ethischen Argumenten vor und forderte abschliesend auf der Grundlage dieser Argumente einen sorgfaltig moderierten, verantwortungsbewussten und differenziert gefuhrten ethischen Diskurs uber Keimbahnveranderungen am Menschen vor der ersten praktischen Anwendung. Die Leopoldina sprach sich fur ein Moratorium „fur samtliche Formen der kunstlichen Keimbahnintervention beim Menschen, bei der Veranderungen des Genoms an Nachkommen weitergegeben werden konnen“, aus. Das Moratorium solle genutzt werden, um offenen Fragen zu diskutieren, den Nutzen und potenzielle Risiken der Methoden zu untersuchen und Empfehlungen fur zukunftige Regelungen zu erarbeiten. In einem von Wissenschaftlern der Leopoldina publizierten Diskussionspapier aus dem Jahre 2017 wurde erstmals konkret die Notwendigkeit der Durchfuhrung von Embryonenforschung im Vorfeld der ersten klinischen Anwendung von Methoden der Genom-Editierung an Keimbahnzellen thematisiert. Die Wissenschaftler empfahlen, die in Deutschland bislang verbotene Verwendung uberzahliger Embryonen zu Forschungszwecken zuzulassen. Der Deutsche Ethikrat schlieslich sprach sich im September 2017 dafur aus, nicht nur eine mogliche Anwendung der Keimbahntherapie mit Auswirkung auf geborene Menschen auf nationaler und internationaler Ebene offentlich zu debattieren, sondern auch die einer solchen Anwendung vorausgehende Forschung. Forschung, die solch weitreichende Konsequenzen haben konne, sei keine rein interne Angelegenheit der Wissenschaft.
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