Early crediting als klimapolitisches Instrument: Eine ökonomische und rechtliche Analyse

2000 
Gegenstand dieser Dokumentation ist das sogenannte "early crediting" (EC), ein klimapolitisches Instrument, das vor allem in Nordamerika als mogliche Anpassungsmasnahme in Hinblick auf die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll diskutiert wird. Das Protokoll enthalt zwar verbindliche Emissionsobergrenzen fur die Vertragsstaaten ab 2008 hinsichtlich des Ausstoses der wichtigsten Treibhausgase, es setzt jedoch - bis auf eine Ausnahme - explizit keine Anreize fur fruhzeitige Reduktionsanstrengungen. Es wird analysiert, inwiefern EC einen Beitrag im Rahmen einer nationalen Klimastrategie leisten konnte. Dabei werden sowohl die okonomischen Anreizwirkungen als auch die rechtliche Problematik jeweils vor dem Hintergrund des bestehenden nationalen bzw. europaischen Regelungsrahmen im Bereich der Klimapolitik beleuchtet. Der Grundgedanke von EC besteht darin, Emittenten, welche bereits vor 2008, d.h. vor dem voraussichtlichen Beginn der Budgetperiode des Kyoto-Protokolls, zusatzliche Masnahmen zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen ergreifen, zu belohnen. Die Teilnahme ware freiwillig. Eine mogliche "Belohnung" ware z.B. eine Zuteilung von Emissionsrechten aus dem Kyoto-Budget (oder von Optionen darauf), deren Umfang der zusatzlichen "fruhzeitigen" Emissionsminderung entsprache. Diese "credits" waren dann z.B. im Rahmen eines ab 2008 wirksamen nationalen, EU-weiten oder internationalen Emissionsrechtehandels anrechenbar. Die Betrachtung des reinen Funktionsmechanismus des EC-Systems lasst eine positive Wirkung vermuten im Sinne einer ausreichenden Teilnahme von Emittenten an dem Programm. Problematisch erscheint jedoch, inwiefern sich bereits vor 2008 ein funktionierender Markt fur "credits" etablieren wird, welcher fruhzeitig anreizwirksame Preissignale generieren kann. Die Implementierung eines EC-Programms durfte in Deutschland vor dem konkreten Hintergrund des existierenden klimapolitischen Instrumentenfachers ferner nicht ohne Friktionen ablaufen. Es bestehen in der Klimapolitik deutliche Unterschiede zwischen dem nordamerikanischen Raum, aus dem die Idee des "early crediting" stammt, und dem deutschen bzw. europaischen Kontext, wo hohere Standards hinsichtlich der Vorgaben fur Unternehmen im Klimaschutz bestehen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob durch ein EC-Regime wirklich nur zusatzliche Emissionsreduktionen kreditiert werden, was fur Deutschland erhebliche Schwierigkeiten hervorrufen durfte. Die rechtliche Prufung lasst den Schluss zu, dass die Einfuhrung eines EC-Modells nicht an die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls gebunden ist, sondern von der Bundesregierung als klimapolitisches Instrument auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf nationaler Ebene eingesetzt werden konnte. Die konkrete Ausgestaltung des EC-Modells muss aber mit europarechtlichen und nationalen Bestimmungen vereinbar sein. Der tatsachliche Einsatzzeitraum eines deutschen EC-Systems durfte realistischerweise auf nur wenige Jahre beschrankt sein. Denn einerseits wird die Lebensdauer eines EC-Systems auf den Zeitpunkt des Beginns der Verpflichtungsperiode oder sogar auf einen fruheren Zeitpunkt beschrankt sein, falls namlich ein verbindliches, auf die Kyoto-Ziele hinfuhrendes Klimaregime schon vor 2008 eingefuhrt werden sollte (z.B. in Gestalt des kurzlich von der EU-Kommission vorgeschlagenen europaischen Emissionhandelssystems). Andererseits wird die Einfuhrung eines EC-Systems im Wege des nationalen Gesetzgebungsverfahrens einen nicht zu unterschatzenden Zeitraum in Anspruch nehmen. Zudem kann die Dauer einer Notifizierung der Gesetzesinitiative durch die Europaische Kommission bis zu zwei Jahre betragen.
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