M. Gaucher und Imiglucerase 2009/2010: Was leitet eine plötzlich erzwungene Priorisierung?

2014 
Der M. Gaucher ist eine unbehandelt meist progrediente, in bestimmten Formen auch lebensbedrohliche lysosomale Speicherkrankheit; sie beruht auf einem angeborenen Mangel an saurer beta-Glucocerebrosidase. Dieser lasst sich durch eine spezifische Enzymsubstitution ausgleichen. Die Therapie hat das Potenzial, die Krankheit in die Remission zu bringen und das Leben der Kranken zu normalisieren. Im Juni 2009 gab der Hersteller des ersten und damals einzigen Ersatzpraparats (Cerezyme ® ) unvermittelt bekannt, dass aufgrund einer Virusinfektion seiner Bioreaktoren die Produktion von Imiglucerase kurzfristig eingestellt werden musse. Danach konnte die Firma Genzyme weltweit teilweise nur noch 20% der ursprunglich ausgelieferten Menge bereitstellen. Die Situation normalisierte sich erst wieder Anfang des Jahres 2011. In Folge dieser unerwarteten Knappheit mussten die relevanten Akteure sehr rasch und unvorbereitet klaren, welche Patientengruppen und Krankheitszustande prioritar versorgt werden sollten und wem welche Imiglucerase-Rationen zuzuteilen waren. Diese kurzfristig erzwungene Priorisierung und Rationierung erlaubt die Beschreibung und Analyse der von den Akteuren spontan gewahlten Kriterien. Sie gibt Aufschluss uber die gemeinsam praferierten Werte der Patienten, Patientenorganisation, Kliniker und Hersteller. Zur Rekonstruktion der Ereignis- und Reaktionskette und der in ihr sichtbar werdenden Kriterien- und Wertpraferenzen wurden in Deutschland halbstandardisierte Interviews gefuhrt. Sehr klar zeigte sich eine enge spontane Orientierung an einem medizinischen Bedarfs- und einem gesellschaftlichen Solidaritatsprinzip.
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