Der Einfluss der Kapselrekonstruktion auf die Luxationsrate nach primärer Hüftendoprothetik: eine retrospektive Analyse von 1972 Fällen
2014
Hintergrund: Die Luxation ist die dominierende Komplikation in der postoperativen
Fruhphase nach primarer Huftendoprothetik. Der Einfluss der Kapselbehandlung auf das
Luxationsrisiko wird kontrovers diskutiert. Wahrend Charnley dringend empfahl, auf die Resektion
der Gelenkkapsel zu verzichten, zweifelten andere Autoren deren Bedeutung an oder postulierten
die Kapselresektion als unerlasslich. 2002 wurde in unserer Klinik eine modifizierte
minderinvasive Technik der HTEP-Implantation etabliert, die durch Schonung und Rekonstruktion
der Gelenkkapsel sowie Anwendung des Bauer-Zugangs gepragt ist. Im Rahmen einer
Fallkontrollstudie sollte retrospektiv analysiert werden, ob die Luxationsrate nach primarer
HTEP-Implantation durch diese Technik reduziert wird und ob daraus Nachteile wie
kapselassoziierte Beschwerden, funktionelle Einschrankungen oder eine erhohte Revisionsrate
resultieren. Material und Methoden: Alle in unserer Klinik in einem
definierten Zeitraum von 2002 bis 2009 durchgefuhrten primaren HTEP-Implantationen wurden
eingeschlossen und nur Kappen-, Duokopf- sowie Tumorendoprothesen ausgeschlossen. Bei
Rekonstruktion der Kapsel erfolgte eine Zuordnung zur Studiengruppe (SG) und bei Resektion zur
Kontrollgruppe (KG). Fur jedes behandelte Gelenk wurden der WOMAC-Score und ein weiterer
Fragebogen zur Erfassung von Luxationen und Revisionsoperationen der betreffenden Hufte an die
Patienten versandt. Bei nicht erreichbaren Patienten erfolgte eine protokollierte Prufung aller
verfugbaren Daten (OP-Dokumentation, elektronische Krankenblatter, Rontgenarchiv), um
HTEP-Luxationen oder -Revisionen zu ermitteln. Gruppierungen und Subklassifikationen durch
erfahrene Operateure sollten die Auswertbarkeit der Daten optimieren. SG und KG wurden bez. der
epidemiologischen sowie der implantat- und operationsspezifischen Daten verglichen. Die
statistische Auswertung erfolgte mit dem Chi-Quadrat-Test sowie mit dem
Mann-Whitney-U-Test. Ergebnisse: Von den eingeschlossenen 1972 Fallen wurden
992 der SG und 980 der KG zugeordnet. Bei einem mittleren Follow-up von 33,5 (SG) und 73,4 (KG)
Monaten (mindestens 12 Monate) war die Luxationsrate in der SG mit 0,3 % (n = 3) signifikant
geringer als die der KG, welche 2,55 % (n = 25) betrug (p < 0,001). Bezuglich des
WOMAC-Indexes (SG: 1,46 ± 1,73; KG: 1,53 ± 1,80; p > 0,05) sowie der operativen Revisionsrate
(SG: 5,24 %; KG: 6,84 %; p = 0,139) gab es keine signifikanten
Unterschiede. Schlussfolgerung: Die Schonung und Rekonstruktion der
Gelenkkapsel bewirkte somit in unserem Patientengut eine 88 %ige Reduktion der Luxationsrate
nach primarer Huftendoprothetik im Vergleich zur Standardtechnik mit Kapselresektion. Einige
Autoren berichten uber vergleichbare Effekte bei Kapsel- oder Weichteilrekonstruktion in
Verbindung mit dem posterioren und posterolateralen Zugang. Unabhangig vom operativen Zugang
resultiert aus der Schonung und Rekonstruktion der Gelenkkapsel offenbar eine wesentliche
Reduktion der Luxationsrate, insbesondere, wenn der azetabulare Kapselursprung unversehrt
bleibt. Kapselassoziierte Beschwerden, funktionelle Nachteile oder eine erhohte Revisionsrate
fanden sich weder in der eigenen Untersuchung noch in der Literatur. Schonung und Rekonstruktion
der Huftgelenkkapsel sind daher in der primaren Huftendoprothetik zu empfehlen.
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