Perioperative Radiochemotherapie des Rektumkarzinoms - Entwicklung des Versorgungsstandes, Leitlinienadhärenz und Ergebnisqualität im Einzugsgebiet des Tumorzentrums Regensburg

2017 
Onkologische Erkrankungen wie das Rektumkarzinom erfordern zur optimalen Therapie eine enge interdisziplinare Zusammenarbeit, um durch Umsetzung der aktuellen Leitlinienempfeh-lungen die bestmogliche Versorgung der Patienten gewahrleisten zu konnen. In der vorlie-genden retrospektiven Kohortenstudie wurden Daten von 992 Patienten mit der Diagnose Rektumkarzinom im UICC-Stadium II und III, mittleres/unteres Rektumdrittel, die im Diagno-sezeitraum 2002-2012 im Tumorzentrum Regensburg bezuglich Diagnose, Therapie und Verlauf dokumentiert und registriert wurden, hinsichtlich der Umsetzung der aktuellen thera-peutischen Leitlinienempfehlungen, sowie hinsichtlich der Ergebnisqualitat analysiert. Als Endpunkte der Auswertungen wurden das 5-Jahres-Gesamtuberleben (5Y-OAS), die kumulierten Rezidivraten und das 5-Jahresrezidivfreie Uberleben (5Y-RFS) gewahlt. Die Er-gebnisqualitat wurde mittels Kaplan-Meier-Schatzer, sowie mittels uni- und multivariablen Cox-Regressionsanalysen gepruft. Der mediane Follow-Up betrug fur diese Gruppe 4,5 Jah-re. Uber den gesamten Untersuchungszeitraum 2002-2012 erhielten 841 Patienten (84,8%) eine perioperative Therapie. Es wurde bei 392 Patienten (39,5%) eine leitlinienadharente neoad-juvante Radio-/Radiochemotherapie mit adjuvanter Chemotherapie (neoadj. RT/RCT + adj. CT) durchgefuhrt. 679 Patienten (68,4%) wurden, dem Qualitatsindikator 7 der aktuellen Leit-linien gemas, neoadjuvant therapiert. Im Zeitverlauf erkennt man eine deutliche Zunahme der Durchfuhrung einer leitliniengerechten Therapie von initial 16,7% (2002) auf 43,1% (2012). Die Ergebnisse des Kaplan-Meier-Schatzers zeigten fur das 5-Jahresgesamtuberleben (5Y-OAS), sowie fur das 5-Jahresrezidivfreie Uberleben (5Y-RFS), vergleichbare Ergebnisse, die durch die uni- und multivariablen Cox-Regressionsanalysen bestatigt wurden. Patienten die neoadjuvant behandelt wurden, hatten gegenuber nicht neoadjuvant therapierten Patienten hochsignifikant bessere Ergebnisse (5Y-OAS: 74,9% vs. 57,5%; unadjustierte HR: 0,527; p<0,001, adjustierte HR: 0,72; p=0,013, 5Y-RFS: 68,8% vs. 49,3%; p<0,001, unadjustierte HR: 0,549, p<0,001; adjustierte HR: 0,728, p=0,01). Auch die leitliniengerechte Therapie (neoadj. RT/RCT + adj. CT) ergab, gegenuber allen anderen Therapien, signifikant bessere Ergebnisse fur das Gesamtuberleben, sowie fur das rezidivfreie Uberleben nach funf Jahren (5Y-OAS: 84,5%, unadjustierte HR: 0,174, adjustierte HR: 0,312 gegenuber keiner Therapie und 5Y-RFS: 76,7%, unadjustierte HR: 0,237 und adjustierte HR: 0,350). Zwischen alleiniger neoadjuvanter und alleiniger adjuvanter Therapie ergab sich hinsichtlich des 5-Jahresuberlebens (5Y-OAS) ein signifikanter Unterschied (p=0,024), zugunsten der adjuvan-ten Therapie (72,1% vs. 61,7%). Beide Therapiegruppen ergaben hochsignifikant bessere Werte, als die Patienten ohne Therapie/ohne Angabe (5Y-OAS: 40,4%; 5Y-RFS: 32,3%; p<0,001). In der multivariablen Analyse erwiesen sich neben der perioperativen Therapie das Diagnosealter, die Lokalisation des Primartumors, die Venen- und Lymphgefasinvasion und die Residualklassifikation als signifikante Prognosefaktoren. Die kumulative 5-Jahresgesamtrezidivrate ergab im Kollektiv (n=992) 18,5%, fur lokoregiona-re Rezidive lag sie bei 6,0% und fur Fernmetastasenrezidive bei 15,7%. Neoadjuvant behan-delte Patienten hatten signifikant niedrigere Gesamtrezidivraten und lokoregionare Rezidivra-ten (16,4% und 4,6%) gegenuber nicht neoadjuvant behandelten Patienten (23,9% und 10,9%) (p=0,005 und p<0,001). Patienten mit leitliniengerechter Therapie (neoadj. RT/RCT + adj. CT) hatten signifikant niedrigere Gesamtrezidivraten (15,8%), gegenuber Patienten ohne Therapie/ohne Angabe (28,7%)(p=0,009). Auch die alleinige neoadjuvante Therapie (neoadj. RT/CT/RCT) erwies sich gegenuber keiner Therapie als signifikant besser (16,3%; p=0,033), die alleinige adjuvante Behandlung (adj. RT/CT/RCT) hingegen nicht (21,4%; p=0,508). Bei den lokoregionaren Rezidiven und den Fernmetastasenrezidiven bestand zwischen den drei perioperativen Therapien kein Unterschied und alle erwiesen sich bezuglich lokoregionaren Rezidiven uberlegen, gegenuber der Gruppe ohne Therapie, nicht aber bei Fernmetastasen-rezidiven. Vergleicht man die Hauptergebnisse der vorliegenden Untersuchung mit den Ergebnissen aus randomisierten Studien, so erkennt man, dass sich die Kliniken im Einzugsgebiet des Tumorzentrums Regensburg im internationalen Vergleich gut behaupten konnen. Die Ergeb-nisse dieser retrospektiven Kohortenstudie von bevolkerungsbezogenen und verlaufsbeglei-tenden Patientendaten liegen auf einer Hohe mit den Werten, die in der Literatur zu rando-misierten Studien gefunden wurden. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass durch enge strukturelle und interdisziplinare Versorgung der Patienten eine sehr gute Versorgungsqualitat gewahrleistet sein kann. Tumorregister wie das Tumorzentrum Regensburg konnen durch Transparenz und Einheitlichkeit im Umgang mit den Daten, in der Rolle als Vermittler und Unterstutzer, den Weg hin zu einer bestmoglichen Patientenversorgung erleichtern. Durch eine luckenlose Dokumentation und Weiterleitung der Patientendaten an das Tumorzentrum, kann durch deren Evaluation und Untersuchungen eine valide Aussage uber die Versorgung und die richtigen Konsequenzen in der Zukunft getroffen werden. Ergebnisse randomisierter klinischer Studien konnen hierbei in der realen Versorgungssituation bezuglich ihres Nutzens und ihrer Umsetzung bewertet werden, um die maximal mogliche Versorgungsqualitat zu erreichen.
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