Einfluss einer elektronischen Patientenakte (EPA) auf das Arzt-Patienten-Verhältnis: eine systematische Übersicht der medizinethischen Implikationen

2016 
In einem Modellprojekt soll durch die Einfuhrung einer personlichen, einrichtungsubergreifenden, elektronischen Patientenakte (PEPA) nicht nur die Behandlungskontinuitat verbessert, sondern auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dahingehend realisiert werden, dass jeder Patient zum Administrator einer Datencloud gemacht wird, die alle seine Gesundheitsdaten enthalt. Eine systematische Literaturrecherche zum Thema „elektronische Patientenakten (EPA)“ soll mogliche ethische Herausforderungen in Verbindung mit der oben genannten PEPA antizipieren. Von initial 2487 Publikationen wurden 51 Publikationen ausgewertet: 30 empirische Studien, 10 medizinethische Analysen und 11 Meinungspapiere. In den empirischen Studien wurden als erste Effekte einer EPA vor allem eine vollstandigere medizinische Aktenlage beschrieben. Mit der Einsichtsmoglichkeit fur den Patienten in die EPA konnten zusatzlich ein besseres Krankheitsverstandnis und damit erhohte Compliance des Patienten nachgewiesen werden. Eine Verbesserung der Behandlungsqualitat wurde auf die Fehlervermeidung durch Patienteneinsicht, effektivere Nutzung der Arzt-Patienten-Besuche und das verbesserte Verstandnis fur das Therapiekonzept zuruckgefuhrt. Ebenfalls wurde in den Studien eine Starkung des Vertrauensverhaltnisses von Arzt und Patient beschrieben. Bedenken gab es im Vorfeld vieler Studien hinsichtlich des Datenschutzes, eines moglichen Verlustes der personlichen Arzt-Patienten-Beziehung und einer potentiellen Uberforderung des Patienten. In der Beurteilung der EPA spielte die Abwagung zwischen arztlicher Fursorge und Patientenautonomie eine grose Rolle. Die von medizinethischer Seite geauserten Bedenken bezuglich eines Vertrauensverlustes oder einer Storung des Arzt-Patienten-Verhaltnisses konnten in den empirischen Studien nicht bestatigt werden. Die befurchteten Risiken im Datenschutz wurden von den Betroffenen zugunsten des potentiellen Nutzens einer EPA abgewogen. Unter Wahrung des Datenschutzes hat daher die PEPA das Potential, durch die Mitbeteiligung des Patienten das Arzt-Patienten-Verhaltnis positiv zu beeinflussen. Die spezifischen ethischen Herausforderungen, die mit der Co-Verwaltung der PEPA einhergehen, werden im Modellprojekt untersucht.
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