Zum Belastungserleben und zur Spezifik der Unterstützungserfordernisse von pflegenden Angehörigen demenziell erkrankter türkischer Migranten/innen in Deutschland

2008 
Die Referentin hat sich im Rahmen ihrer Diplomarbeit die Untersuchung der Situation erwachsener Kinder mit turkischem Migrationshintergrund, die einen Angehorigen mit einer demenziellen Erkrankung pflegen (oder gepflegt haben), zur Aufgabe gemacht und insgesamt sechs qualitative Interviews mit dieser Klientel gefuhrt. Ein Aspekt der Gesamtstudie bezog sich dabei auf ihre Belastungen, ihr Inanspruchnahmeverhalten von (in)formellen Hilfen sowie ihre Erwartungen an Beratungs- und Gesundheitseinrichtungen. Die Aussagen der funf befragten Frauen und der zwei befragten Manner zeigen, dass Schuldgefuhle, fehlende Anerkennung im bzw. fehlende Unterstutzung durch das familiare Umfeld als psychische Belastungen empfunden werden. Hinzu kommen soziale Isolation und eine starke Reduzierung des personlichen Zeitkontingents. Aus unterschiedlichen Grunden nutzen nur zwei von sieben Befragten, hierbei handelt es sich um die beiden pflegenden Sohne, auserfamiliare Unterstutzung. Hinsichtlich des Beratungsbedarfs und der Erwartungen an – bestehenden und zukunftigen – Beratungsstellen fur Angehorige von Demenzkranken mit turkischem Migrationshintergrund ausern die Interviewpartner/innen, dass mehr Beratungsstellen – vor allem in Gebieten mit einer hohen Zahl von turkischen Migranten/innen – entstehen sollen, die mit offentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen seien. Die Berater/innen sollten sich Zeit nehmen, uber turkische Sprachkenntnisse, kulturelle und beraterische Kompetenzen verfugen sowie umfassendes Fachwissen in Bezug auf demenzielle Erkrankungen und Versorgungsmoglichkeiten besitzen; uberhaupt sollte das Thema „Demenz“ mittels der turkischen Massenmedien (Horfunk, Fernsehen etc.) in das offentliche Interesse rucken. Parallel dazu sollten Selbsthilfegruppen, Wohngemeinschaften, Tagespflegestatten, Kurzzeitpflegeeinrichtungen initiiert bzw. aufgebaut werden und turkischsprachiges Personal (wie Physiotherapeuten/innen) angefordert werden konnen. Derartige „externe“ Hilfen und Unterstutzungsangebote wurde die Mehrzahl der Befragten gerne in Anspruch nehmen. Als Konsequenz dessen sollte die kulturelle Vielfalt in Deutschland sehr viel mehr berucksichtigt und dem Abbau von Zugangsbarrieren fur Menschen mit Migrationshintergrund begegnet werden. Eine interkulturelle Offnung der Beratungs- und Gesundheitseinrichtungen ware ein – vielleicht sogar der – wichtigste Schritt.
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